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15.5.2008
Gemeinsame Presseerklärung
Protestaktionen oberhalb von Atomtransporten sind keine Nötigung Aktivistin wehrt sich gegen Eingriff in Grundrechte Anti-Atomkraft-Initiativen planen weitere Proteste gegen Atomtransporte
(Münsterland / Lüneburg, 15.5.2008): Das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen hat heute in einer Presseerklärung weitere Proteste und Aktionen gegen Atomtransporte im Zusammenhang mit der Uranfabrik in Gronau und mit dem Castor-Atommüll-Lager in Ahaus angekündigt. Gleichzeitig solidarisiert sich das Aktionsbündnis, dem verschiedene Anti-Atomkraft-Initiativen aus dem ganzen Münsterland angehören, mit der französischen Atomkraftgegnerin Cécile Lecomte, der versuchte Nötigung im Zusammenhang mit luftigem Protest gegen einen Urantransport vorgeworfen wird.
Im Januar hatte die Polizei einen Sonderzug mit rund 1000 Tonnen Uranmüll bei Metelen im Kreis Steinfurt gestoppt. Der Uranmüll kam von der Urananreicherungsanlage in Gronau und war auf dem Weg über Münster in die Niederlande, um in Rotterdam auf ein Schiff Richtung Russland verladen zu werden. Die Polizei griff ein, weil Cécile Lecomte aus Protest gegen den Atomtransport an einer Seilkonstruktion weit oberhalb der Bahnstrecke zwischen Baumwipfeln hing.
Nach der erfolgreichen Protestaktion leitete die Bundespolizei ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein. Lecomte sei, so die Bundespolizei der „gemeinschaftlichen Nötigung“ verdächtig. Mit dieser überzogenen, unbegründeten Anschuldigung erzielte die Bundespolizei die erwünschte richterliche Bestätigung: Die Beschlagnahme des Klettermaterials von Cecile Lecomte wurde bestätigt und die Auswertung ihrer Handykommunikationsdaten wurde angeordnet.
Der Beschluß von Richter Arndt wurde Cécile Lecomte - trotz ihrer mehrmaliger Nachfragen bei Gericht nach §98 StPO - nie zugestellt. Erst aus anderen verwaltungsgerichtlichen Verfahrensunterlagen hat sie erfahren, dass dieser Beschluss schon am 22. Januar erlassen wurde.
Jetzt hat sich die französische Atomkraftgegnerin mit Dienstaufsichtsbeschwerden gegen diese Kriminalisierung und Rechtsbrüche zu Wehr gesetzt. Konkret hat sie eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die für das Verfahren zuständigen Beamten der Bundespolizei eingereicht, eine weitere Dienstaufsichtsbeschwerde wurde an das Amtsgericht in Münster geschickt. Zudem verlangt sie die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände.
In ihren Schreiben beschwert sich Cécile Lecomte auch über schwere Verstöße gegen ihre Grundrechte. So wurde ihr Handy untersucht und frühere Telefonverbindungen wurden überprüft, der Datenschutz wurde missachtet. Weiterhin stellt Cécile Lecomte das Versagen richterlicher Kontrolle fest und fordert, dass die Justiz eigene Gesetze beachten und Anträge bearbeiten soll.
Aus Sicht der Betroffenen und des Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen ist die Rechtslage klar. Und so schreibt Cecile Lecomte auch an das Amtsgericht Münster: „Die existierende Rechtssprechung zu solchen Protesten gegen Atomtransporten ist ebenfalls eindeutig und beweist, dass das Verhalten der Betroffenen - Protestaktion oberhalb der Schiene- keine Nötigung darstellen kann. Sitzblockaden auf der Schiene sind laut Bundesverfassungsgericht keine Nötigung. Der Protest OBERHALB von der Schiene stellt in diesem Sinne auch keine Nötigung dar.“ Dabei bezieht sich Cécile Lecomte auf mehrere Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg und auf den rechtskräftigen Freispruch durch das Amtsgericht Hannover bei vergleichbaren Aktionen.
Der Vorfall scheint das Gericht weiter zu beschäftigen. Denn Cécile Lecomte hat erst aus den Medien erfahren, dass die Staatsanwaltschaft Münster eine Geldstrafe wegen „versuchter Nötigung“ gegen sie beantragt hat. Doch es wurde ihr bisher kein Strafbefehl zugestellt. Es wird vermutet, dass der zuständige Richter sich weigert, den angekündigten Strafbefehl zu unterschreiben – wohl auf Grund einer unterschiedlichen Rechtsbewertung der Protestaktion.
Nach Auffassung des Aktionsbündnis’ Münsterland basiert das Verfahren gegen Cécile Lecomte auf falschen Verdächtigungen und Unterstellungen. Offenbar soll sie eingeschüchtert werden, um weitere Proteste zu unterbinden. Dies wird aber nach Angaben von Cécile Lecomte nicht gelingen: „Ich wehre mich dagegen, in die kriminelle Ecke gestellt zu werden. Mein Protest gegen die Atomtransporte geht weiter. Es ist ein Erfolg, dass 2009 die Urantransporte von Gronau nach Russland gestoppt werden. Es müssen alle Atomtransporte gestoppt werden, zum Beispiel auch die von Frankreich nach Gronau, die frisches Uranmaterial nach Gronau bringen."
Das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen wird weitere Aktionen gegen Atomtransporte und zur Erreichung der sofortigen Stilllegung aller Atomanlagen durchführen. Um den juristischen Widerstand Cecile Lecomte’s zu unterstützen, ruft das Aktionsbündnis dazu auf, für Cecile zu spenden, um mögliche Gerichts- und Anwaltskosten abzusichern. Unter dem Stichwort "Uranaktion Steinfurt" kann auf das Konto des Aktionsbündnis Münsterland gespendet werden: Konto: 357730701, BLZ: 40164618 (Volksbank Wettringen).
Hintergrundinformationen zu den Urantransporten und ihren Gefahren gibt es im Internet unter www.urantransport.de und unter www.aku-gronau.de. Telefonische Auskünfte erteilen Cécile Lecomte persönlich (0163-7342462), das Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen (0151-12702596) und der Arbeitskreis Umwelt (AKU) Gronau (02562-23125).
Fotos der Aktion unter anti-atom-aktuell.de/fotos/2008-01-16_uranzugstop (Copyright beachten).
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